Meine Reise zu dem Ort meiner Sehnsucht – Teil 5 : (M)eine Matriarchin

Meine Reise zu dem Ort meiner Sehnsucht – Teil 5 : (M)eine Matriarchin

18. November 2019 0 Von Julja

Um 6:00 Uhr heißt es aufstehen. Die Nacht war sehr erholsam, obwohl die Vögel und Frösche am späten Abend bei ihrem Konzert alles gegeben haben. Während ich aus meinem Zelt steige habe ich das Gefühl im Paradies gelandet zu sein. Hier draußen ist es einfach nur wunderschön, still und gleichzeitig auch wild. Ich genieße die letzten Minuten Stille bevor die Gruppe wach wird. Denn dann wird es automatisch. Nach dem Frühstück packen wir unsere Sachen und es geht noch einmal auf eine Pirschfahrt durch den Susuwe Nationalpark.

Auch heute soll meine Geduld auf eine Probe gestellt werden. Bis auf ein paar Impalas möchte sich uns einfach niemand zeigen. Das Leben hier draußen ist nun einmal kein Zoo, sondern die freie Wildnis. Doch häufig wird man für seine Geduld im Busch am Ende belohnt. Genau so soll es auch heute sein. Nachdem wir lange Zeit kein Tier gesehen haben, zeigen sich plötzlich ein paar Elefanten. Von diesem Augenblick an ist mein Tag gerettet. Kurze Zeit später sollte ich dann endgültig für das lange Warten belohnt werden.

Susuwe Elefanten

Elefanten soweit das Auge reicht

Unser Guide fährt in eine riesen große Elefantenherde. Um uns herum befinden sich überall sanfte Riesen. Ich weiß nicht genau wie viele es sind, aber es sind definitiv weit über 50 Elefanten. Wahrscheinlich sogar deutlich mehr als 100 oder 150 Elefanten. Die Mitglieder der Herde decken alle Altersklassen ab. Ich bin einfach nur glücklich.

Meine Begegnung mit der riesigen Elefantenherde werde ich jedenfalls nie vergessen. Ohne eine wirkliche Vorwarnung stehen wir zwischen all den Tieren. Die Reaktion der Herde folgt unmittelbar. Ein pubertierender Bulle stellt seine Ohren auf und läuft auf uns zu, ehe er seinen Angriff wieder abbricht. Dieses Verhalten ist ein eindeutiges Warnsignal und unser Guide fährt ein paar Meter zurück. Nun beobachten wir die Herde aus einiger Entfernung.

Am Wasserloch gönnen sich einige Dickhäuter eine Erfrischung. Dabei halten sie ihre Rüssel wie Strohhalme ins Wasser. Anschließend wir das kühle Nass über ihre wunderschöne, graue und runzelige Haut gepustet. Andere Elefanten laufen durch das Wasser auf die andere Seite. Doch die meisten stehen unter Bäumen im Schatten. Sie stehen einfach nur da. Ich spüre ihre Blicke und fühle mich gerade so klein. Obwohl ich weiß, dass ich bei einem potentiellen Angriff gerade keine reelle Chance hätte, werde ich ganz ruhig. In mir macht sich ein warmes und angenehmes Gefühl breit. Ich kann mir nicht erklären woran es liegt, aber ich bin gerade einfach nur glücklich und dankbar dafür, dass ich all dies erleben und fühlen darf.

Wir sollten aufhören vieles als selbstverständlich anzusehen

Das vieles in unserem Leben nicht selbstverständlich ist wurde mir spätestens nach der Diagnose Brustkrebs bei meiner Mutter klar. Meine Mutter ist einfach die beste Mama, die man sich als Tochter wünschen kann. Sie ist immer stark und einfühlsam. Ihre Liebe unserer Familie gegenüber scheint unendlich groß zu sein. Sie führte mich immer liebevoll durch meine Kindheit. Stellte dabei ihre eigenen Bedürfnisse stets hinten an und formte aus meinen Geschwistern und mir Erwachsene, die mittlerweile ein eigenes Leben führen. Über mich selbst vermag ich es nicht zu sagen, aber über meine Geschwister umso mehr: Sie haben ihr Herz ebenso am rechten Fleck wie unsere Mutter.

Meine Mutter ist mein absolutes Vorbild. Sie ist meine Matriarchin. Denn sie hat mich durch mein Leben geführt und wenn es sein muss, dann kämpft sie für mich wie eine Löwin. Auch wenn es für die meisten Menschen eher verstörend klingen mag, aber meine Mutter ist wie eine Leitkuh bei den Elefanten. Sie gibt uns immer wertvolle Tipps in allen Lebenslagen und sie stellt sich bei Gefahr an die vorderste Front um uns zu beschützen. Jeder der mich kennt und weiß wie ich über diese Tiere denke, der weiß auch, dass es einfach nur ein riesen großes Kompliment für meine Mutter ist.

You´ll never walk alone…

Wenn diese starke Person dann aber plötzlich und unerwartet krank wird, dann fühlt es sich so an, als ob einem der Boden unter den Füßen weggezogen wird. In meinem Weltbild war meine Mutter unverwundbar. Umso mehr schockierte es mich, dass sie von dieser hinterlistigen Krankheit betroffen war. Was auch immer in dieser Zeit passieren sollte, wir würden es gemeinsam durchstehen. Meine Mutter war wie immer so unglaublich stark und tapfer. Ich kann bis heute nicht in Worte fassen wie unglaublich stolz ich auf sie bin. Auch wenn wir während dieser Zeit häufig geweint und gelitten haben, so hat uns dieses Jahr noch stärker zusammen geschweißt. Heute geht es meiner Mutter wieder gut und sie hat ihr normales Leben zurück erobert.

Doch ich glaube, dass meine ganze Familie seit dieser Diagnose deutlich bewusster lebt. Denn es ist nicht selbstverständlich, dass es mir gut geht und ich gesund bin. Leider kann sich dieser Zustand auch jeden Augenblick ohne jegliche Vorwarnung ändern. Aus diesem Grund versuche dankbar für mein Leben zu sein.

Ich beobachte noch einige Zeit wie liebevoll die Mitglieder der Herde miteinander umgehen, bevor sich der Geländewagen langsam auf dem Rückweg begibt.

Für mich sind Elefanten so viel mehr als nur kraftvolle Wesen, die laut Aussage einiger Mitreisenden aus reiner Böswilligkeit Bäume zum Umfallen bringen. Elefanten sind so ausdauernde, intelligente und mitfühlende Tiere. Viele ihrer Gaben können wir bis heute nur erahnen und ich bin mir absolut sicher, dass wir Menschen noch so viel von diesen faszinierenden Wesen lernen können.

Meine Reise zu dem Ort meiner Sehnsucht – Teil 4 : Meine erneute Begegnung mit den Flusspferden